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Mosaic Genes - Impact of Mosaic Genes on the Risk Assessment of GMOs

Zusammenfassung

Mosaikgene sind genetische Einheiten, die aus DNA-Segmenten verschiedenen phylogenetischen Ursprungs bestehen, welche wiederum zu Sequenzmustern führen, die neue phenotypische Eigenschaften kodieren. Eine derartige intragene Rekombination beschleunigt die bakterielle Evolution und Adaptationsfähigkeit an neue Umweltbedingungen. Als Beispiel für ihre schädigende Auswirkung auf die menschliche und tierische Gesundheit können penicillin-bindende Mosaikproteine von Streptococcus pneumoniae angeführt werden, die zu einer Resistenz dieses Pathogens gegenüber multiplen ß-lactam Antibiotika geführt haben. Die Mosaikgen-Bildung beruht primär auf der Aufnahme von freier DNA aus der Umwelt durch kompetente Bakterien über eine natürliche genetische Transformation und nachfolgende Integration des aufgenommenen DNA-Fragments in das Bakteriengenom via homologe Rekombination. Obwohl die meisten transgenen Pflanzen, die gegenwärtig für das Inverkehrbringen und/oder die Kultivierung zugelassen sind, Transgene bakteriellen Ursprungs (z.B. cry, epsp, pat, etc.) enthalten oder Träger von prokaryotischen Antibiotikaresistenz-Markergenen (z.B. aph(3´)-lla / nptII) oder von Fragmenten des Vektorgerüstes sind, das für genetische Manipulationen verwendet wird, befand sich die Bildung von Mosaiken mit ähnlichen chromosomalen Sequenzen in kompetentem Boden oder gastrointestinalen Bakterien bislang nicht im Fokus institutionalisierter Risikobewerter. Gemäß EFSA sei die Mosaikgen-Bildung ein exotisches Phänomen, das nur in einigen wenigen hoch-transformierbaren Spezies für eine begrenzte Anzahl von Genen unter massivem Selektionsdruck demonstriert wurde.

Der gegenständliche Bericht liefert den Nachweis für die Relevanz der Mosaikgen-Bildung für die GVO-Risikobewertung:

Die Mosaikgen-Bildung ist nicht auf hoch-transformierbare Bakterienspezies beschränkt, sondern scheint sich durch das ganze Bakterienreich zu ziehen und Gene für alle zellulären Funktionen zu betreffen. Die natürliche Kompetenz für eine DNA Aufnahme kann in einer stetig wachsenden Anzahl von Bakterienspezies beobachtet werden, die gegenwärtig (Stand: November 2014) mehr als 130 Bakterienspezies umfasst, bei denen der experimentelle Beweis für Kompetenz unter spezifischen Bedingungen erbracht wurde. Darüber hinaus werden funktionelle Kompetenz-Gene laufend in neuen bakteriellen Genomsequenzen entdeckt. Die natürliche Transformierbarkeit wird eng über komplexe Regulationskreisläufe, die die Kompetenzinduktion beeinflussen, gesteuert. Stimuli, die Kompetenz in bestimmten Spezies induzieren, schließen z.B. DNA- oder Zellwand-Schädigung, Ernährungsmangel, Nukleotid- und Sauerstoff-Versorgung, pH, Temperatur, Protonengradient und Zelldichte ein. Die Mosaikgen-Bildung beruht auf einer recA abhängigen homologen Rekombination, die die Einzelstrangform des intrudierenden DNA Moleküls zu seinem Chromosomentarget führt. Das Verhältnis der Mosaikgen-Bildung ist daher abhängig vom Ausmaß der Sequenzähnlichkeit unter den involvierten DNA-Molekülen, die in einem log-linearen Verhältnis mit steigender Sequenzdivergenz abnimmt und unter die Bestimmungsgrenze fällt, wenn die Divergenz der Nukleotidsequenz 25 bis 30% überschreitet. Pflanzliche DNA-Fragmente mit hoher Sequenz-Dissimilarität gegenüber bakteriellen Rezeptor-Sequenzen sind daher per se nur mäßige Substrate für eine homologe Rekombination mit Bakterienchromosomen. Nicht-homologe DNA-Fragmente können ebenfalls in Bakteriengenome via Transformation integriert werden – wenn auch in geringerem Ausmaß -, und zwar durch homologie-geleitete illegitime Rekombination, die nur eine kurze homologe Ankersequenz und Regionen der Mikrohomologie von 3 – 10 bp mit dem chromosomalen Target am gegenüberliegenden Ende des hereinkommenden Stranges der Fremd-DNA erfordert. Für die Integration von DNA ins bakterielle Genom via naturlicher Transformation scheint es keine strikten Grenzen bezüglich der DNA-Fragment-Längen zu geben. Tansferierte Segmentlängen zwischen 12 bp und > 1 Mbp wurden beobachtet. Hot spots der Mosaikgen-Bildung können in Umgebungen mit hohen Bakterienzelldichten und an Orten erwartet werden, bei denen berichtet wurde, dass sie hohe Raten an horizontalem Gen- oder Genfragment-Transfer unterstützen, besonders mediiert durch natürliche Transformation. Bedeutende Beispiele sind die Rhizosphäre, Phyllosphäre und Pflanzengewebe, gedüngter Boden, der Gastrointestinaltrakt von Säugetieren sowie Kläranlagen. Natürliche Transformation wird auch berichtet in Sedimenten, in der Wassersäule und in der Lebensmittelmatrix (z.B. Milchprodukte). Mosaikgen-Bildung kann daher auch in der Lebensmittel-/Futtermittelkette erwartet werden. Oropharynx-, oberer Respirations- und Urogenitaltrakt von Säugetieren sind Träger von hochtransformierbaren Bakterien (z.B. Neisseria spp., Streptococcus spp.) und daher vom Umfeld her für eine Mosaikgen-Bildung begünstigend.

Um Information über eine mögliche Beteiligung eines von Pflanzen abstammenden Antibiotikaresistenz- Markers und eines Glyphosat-Toleranz vermittelnden Transgens – beide bakteriellen Ursprungs – an der Bildung von Mosaikgenen zu erhalten, wurde eine öffentliche Sequenzdatenbank (GenBank) auf aph(3´)-IIa und CP4 epsps Homologe gescreent. Die resultierenden Sequenzsammlungen wurden mit Hilfe ausgeklügelter Rekombinations-Detektions-Algorithmen analysiert, um eventuelle Mosaik-Varianten von aph(3´)-IIa und CP4 epsps, die bereits in natürlichen Milieus vorkommen, zu identifizieren. Die Gesamtvariabilität der verfügbaren aph(3´)-IIa Homologe war niedrig: 48 von insgesamt 51 Homologen teilte mehr als 99% Sequenz-Identität mit aph(3´)-IIa aus dem Transposon Tn5 (GenBank accession# V00618). 144 Homologe waren in GenBank mit Sequenz-Ähnlichkeiten von 70 – 87% gegenüber dem originalen CP4 epsps Gen und von 62 – 74% gegenüber coCP4epsps, der Codon-optimierten Version des Transgens, abgelegt. Sequenzähnlichkeiten unter den CP4 epsps Homologen widerspiegelten die phylogenetische Verwandtschaft der Quellorganismen und deuteten primär ein vertikales Vererbungsmuster dieses Gens an. Dennoch wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Rekombinationsereignis unter aph(3`)-IIa Homologen identifiziert, außerdem wurden mehrere Rekombinationsereignisse unter CP4 epsps Homologen detektiert. Somit scheinen sowohl aph(3´)-IIa als auch CP4 epsps genetisch erstaunlich stabil in natürlich auftretenden Bakterienpopulationen zu sein. Sie sind aber a priori empfänglich für intragenetische Rekombination. Darüber hinaus erbrachte eine allgemeine Suche in Literatur- und Sequenz-Datenbasen nach charakterisierten Mosaikgenen zahlreiche Treffer, die buchstäblich alle funktionalen Kategorien abdeckten und in verschiedenen Bakterien-Phyla auftraten.

Um zu testen, ob aph(3´)-IIa das Potential besitzt, Mosaike mit ähnlichen Aminoglykosid-Phosphotransferase-Genen zu bilden, wurde ein experimentelles Acinetobacter baylyi Modell, das aph(3´)-Va als DNA-Fragment- Acceptor-Aminoglykosid-Phosphotransferase-Gen trägt, entwickelt. Eine Ankersequenz mediierte Integration des Antibiotikaresistenz-Marker-Gens aph(3´)-IIa in aph(3´)-Va, die zu einer charakteristischen Veränderung des Antibiotikaresistenz-Profils eines Acinetobacter baylyi Rezpienten-Stamms führte, konnte gezeigt werden. Die Frequenz dieser Homologie-geleiteten illegitimen Rekombination betrug ungefähr 10-7; die Länge der terminalen Region der Mikrohomologie umfasste 10 – 12 Nukleotide. Die Bildung von Mosaikmustern zwischen nptII (DNA-Fragment-Donor) und aph(3´)-Va (Akzeptorgen) konnte im in vivo Modell nicht gezeigt werden. Nichtsdestotrotz unterstreichen die Resultate die Bedeutung des Anker-Sequenz-vermittelten Gentransfers durch Homologie-geleitete illegitime Rekombination für die Risikobewertung von GVOs, wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass die meisten genetisch modifizierten Pflanzen Transgene oder Vektor-Sequenzen mikrobiologischen Ursprungs enthalten, die als homologe-Rekombinations-Anker mit chromosomalen Sequenzen, die in kompetenten Bakterien bereits vorhanden sind, fungieren können.

In einem bioinformatischen probabilistischen Modellierungsansatz wurden zwei Modelle entwickelt, um die Wahrscheinlichkeit und den Impakt eines erfolgreichen Mosaikgen-Bildungs-Ereignisses im Intestinaltrakt von Schweinen, die mit transgenen Pflanzen gefüttert worden waren, sowie in Gülle zu erforschen. Die Simulationen wurden bei verschiedenen bakteriellen Generationszeiten, Rekombinationsraten und Selektionskoeffizienten durchgeführt, wobei die bakterielle Zellzahl, Wachstumsrate und Motilität im Darminhalt, DNA Abbau und Diffusion sowie die Anzahl der aufgenommenen transgenen Pflanzen-DNA-Moleküle berücksichtigt wurden. Das Darmmodell untersuchte den Zeitraum, bis die erste erfolgreiche Mosaikgen-Bildung im Intestinaltrakt von Schweinen auftritt, sowie die Wahrscheinlichkeit, inwieweit ein derartiges Ereignis innerhalb der Lebenszeit eines einzelnen Individuums aber auch der gesamten österreichischen Schweinepopulation zu erwarten ist. Die Resultate des probabilistischen Konstrukts zeigten, dass die zu erwartende Zeit für ein Mosaikgen-Bildungs-Ereignis bei weitem die Lebensdauer eines Einzelindividuums überschreitet, wenn man realistische (d.h., sehr niedrige) Rekombinationsraten in Betracht zieht. Aber unter stark positivem Selektionsdruck wird ein Mosaikgen-Bildungsereignis durchaus wahrscheinlich, und zwar im Lebenszeitraum eines Einzelindividuums bei Rekombinationsraten von 10-11 bis 10-12, und in der gesamten österreichischen Schweineproduktion bei Rekombinationsraten, die so niedrig wie 10-16 bis 10-18 sind. Das zweite Modell war auf eine Mosaikgen-Bildung in einem landwirtschaftlichen Flüssiggülle-Tank fokussiert. Dabei wurde angenommen, dass die Mosaikgen-Bildung im Verdauungstrakt eines Schweines geschah und dass Gülle mit Bakterien, die das Mosaikgen tragen, in den Tank eingebracht wurde, wo das neuartige Gen einen selektiven Vorteil bietet. Die Ergebnisse zeigen, dass mit ausreichend großen Selektionskoeffizienten der Multiplikationseffekt des neuartigen genetischen Materials innerhalb der bakteriellen Trägerpopulation ziemlich stark wird, was in einer beträchtlichen Anzahl von Bakterienzellen resultiert, die das neuartige Gen beherbergen und letztendlich in die Umwelt freigesetzt werden. Beide Modelle identifizierten den Selektionsdruck als Schlüsselfaktor für eine Mosaikgen-Bildung und –Fixierung.

Schlussfolgerung

Die Wahrscheinlichkeit für die Bildung von Mosaik-Antibiotikaresistenz-Genen unter Beteiligung von transgener Pflanzen-DNA ist gering. Man kann davon ausgehen, dass die Mosaikgenbildung in signifikant höherer Rate bereits natürlicherweise innerhalb von Bakterienpopulationen vorkommt als in Prozessen unter Beteiligung transgener Pflanzen-DNA (d.h., die natürlich vorkommende Hintergrundrate wird vergleichsweise hoch sein). Es ist daher fraglich, ob der relative Beitrag transgener Pflanzen-DNA zur Bildung von Mosaikgenen groß genug ist, um von biologischer Relevanz zu sein. Jedoch bleibt diese Annahme experimentell abzuklären. Wesentliche Wissenslücken bestehen betreffend die tatsächliche Frequenz einer Mosaikgen-Bildung im natürlichen Habitat und die Art des Selektionsdrucks, der dort vorherrscht. Darüber hinaus ist eine niedrige Wahrscheinlichkeit für ein derartiges Ereignis nicht prädiktiv für eine Abwesenheit jeglicher adverser Langzeiteffekte, die durch dieses Ereignis hervorgerufen werden könnten. Die negativen Effekte einer extrem unwahrscheinlichen Mosaik-Penicillin-Resistenzgen-Bildung in Bezug auf die Volksgesundheit konnten in einem klinischen Setting dokumentiert werden. Es ist daher anzuraten, dass Risikobewertungsinstitutionen die Bildung von Mosaikgenen auf ihre Agenda setzen und auf Routinebasis in der Risikobewertung transgener Pflanzen, die mikrobielle DNA enthalten, berücksichtigen. Zusätzlich wäre es ratsam, die Forschungsanstrengungen hinsichtlich dieses Themas zu erhöhen, um die immer noch herrschenden Wissenslücken zu verringern und die Ungewissheiten, die gegenwärtig mit der Risikobewertung von Mosaikgenen verbunden sind, zu reduzieren.

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