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Koi Herpesvirus-Infektion (KHVI)
Koi-Seuche. Betrifft Karpfen.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines und Ätiologie
Die Koi-Herpesvirus-Infektion (KHV-I), umgangssprachlich Koi-Seuche, ist eine hoch ansteckende Viruskrankheit, die Nutzkarpfen und Buntkarpfen (Koi) gefährdet. Es erkranken Karpfen aller Altersklassen und die Ausfälle können bei 80 bis 100% liegen. Sie kann hohe wirtschaftliche Schäden verursachen und ist von großer Bedeutung im internationalen Verkehr und Handel mit Karpfen.
Der Erreger wird als Koi Herpesvirus (KHV) bezeichnet. Der wissenschaftliche Name lautet "Cyprines Herpesvirus 3 (CyHV–3)" aus der Familie Herpesviridae. In der Literatur findet sich den klinischen Symptomen entsprechend auch die Bezeichnung carp nephritis and gill necrosis virus (CNGV). Andere cyprine Herpesviren sind das CyHV-1, Erreger der Karpfenpocken und CyHV-2, Erreger der Hämatopoetischen Nekrose des Goldfisches. Die enge Verwandtschaft zwischen CyHV-1 und 3 wird durch serologische Kreuzreaktion bestätigt.
Je nach Herkunft (europäisch, asiatisch, israelisch) werden Viren mit unterschiedlicher Virulenz bestätigt, der Vergleich der Genome aus verschiedenen Regionen zeigt jedoch, dass diese praktisch ident sind.
Die KHV-I konnte bisher noch nie in der Österreichischen Karpfenpopulation nachgewiesen werden. Eine große Gefahr für die Einschleppung des Erregers stellt die Einfuhr von Koi-Karpfen dar.
Tenazität
Das CyHV3 ist gegen alle in der Aquakultur gebräuchlichen Desinfektionsmittel empfindlich. Das Virus wird durch UV-Strahlung und Temperaturen > 50°C für 1 Minute inaktiviert.
Empfängliche Fischarten
Karpfen (Cyprinus carpio) sowie deren Zuchtformen, wie z.B. Buntkarpfen (Koi).
Überträgerarten (Vektoren)
Verschiedene andere Arten der karpfenartigen Fische (z.B. Goldfisch, Karausche, Schleie, Gras- und Silberkarpfen), Europäischer Wels und verschiedene Stör-Arten können das Virus beherbergen und übertragen, ohne selbst zu erkranken.
Pathogenese und Epidemiologie
Eingeschleppt wird der Erreger vor allem durch infizierte, scheinbar gesunde Karpfen (Carrier); mit Feldvirus aktiv durchseuchte Fische (sog. NIFs, naturally immune fish) können dabei eine große Rolle spielen. Infizierte Fische im Vorfluter sind als Ansteckungsquelle für Aquakulturbestände anzusehen. Die Übertragung erfolgt horizontal von Fisch zu Fisch, über das Wasser und kontaminierte Geräte.
Das Virus wird über Urin, Kot, Haut- und Kiemenschleim ausgeschieden, die Infektion erfolgt bevorzugt peroral. Über die Blutbahn gelangt das Virus in Nieren, Milz und Kiemen wo es zur Vermehrung kommt.
Wie bei allen Fischvirosen sind die Wassertemperatur sowie stressinduzierende Faktoren (z.B. Transport, starke Temperaturschwankungen, Umsetzen der Fische) zum Infektionszeitpunkt für die Inkubationszeit und den weiteren Verlauf der Krankheit ausschlaggebend. Bei 20-24°C beträgt die Inkubationszeit 2-10 Tage. Zur Ausprägung von Krankheitssymptomen und zu hoher Sterblichkeit kommt es in der Regel bei Temperaturen zwischen 16°C und 25°C. Unter 13°C und über 30°C ist der Verlauf inapparent.
Klinik
Verhaltensänderungen wie Apathie, Anorexie; Flossenklemmen; Aufenthalt in strömungsschwachen Wasserzonen oder am Zulauf; gelegentlich Hyperaktivität mit ziellosem Herumschwimmen. Äußerlich erkennbare Symptome können wie die Verhaltensänderungen stark variieren. Zu den häufig Leitfaden KHV-I auftretenden zählen: Enophthalmus, vermehrte Schleimproduktion der Haut, gelegentlich auftretende Hämorrhagien in Haut und Flossen. Im weiteren Verlauf treten herdförmige bis flächenhafte Nekrosen des Hautepithels, daher typischer Sandpapiereffekt der Haut, auf. Dyspnoe, die durch Kiemenschwellung, Verschleimung und nachfolgende fokale oder ausgedehnte Nekrosen des Kiemengewebes hervorgerufen wird.
Pathogenese und Pathologie
Abgesehen von den Veränderungen, die bei der klinischen Untersuchung am lebenden Fisch auffallen, können vereinzelt petechiale Blutungen in Leber und Niere sowie Aszites auftreten.
Histologisch können folgende Veränderungen beobachtet werden:
- Kiemen: Hyperplasie, Hypertrophie und Nekrose des Epithels, Verschmelzungen der Sekundärlamellen
- Nieren: an KHV erkrankte Fische zeigen eine interstitielle Nephritis mit Nekrosen des hämatopoetischen Nierengewebes. Auch Nekrosen und Synzytien der Tubulusepithelzellen können nachgewiesen werden
- Leber und Pankreas: teilweise massive Lymphozyteninfiltration
- Milz und Darmschleimhaut: fokale Nekrosen
Differentialdiagnose
Die Symptome der KHV-Infektion sind nicht pathognomonisch. Bei hoher Morbidität und Mortalität, wie sie häufig im Zusammenhang mit einer KHV-Infektion zu beobachten sind, ist zuerst die Wasserqualität zu überprüfen. Haut- und Kiemenschäden, Dyspnoe, Verhaltensänderungen wie Apathie, Anorexie können auch bei einer hohen Ammonium- oder Nitritkonzentration im Wasser auftreten.
Beim Auftreten von Kiemennekrosen und Hautveränderungen ist eine parasitologische, bakterielle oder mykotische Ätiologie abzuklären. Fakultativ pathogene Bakterien oder Pilze sowie die starke Vermehrung von Schwächeparasiten begleiten häufig eine KHV-Infektion und dürfen über die Primärursache nicht hinwegtäuschen.
Bekämpfung
Fische mit Symptomatik einer KHV-I und positivem Erregernachweis sollten getötet und unschädlich beseitigt werden (TKV). Speisefertige Fische ohne klinische Symptomatik dürfen unter bestimmten Voraussetzungen in Verkehr gebracht werden.