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Tiergesundheitsgesetz 2024

Hintergrund

Die Verordnung (EU) 2016/429 („Animal Health Law“ – AHL) regelt die Bestimmungen zum Tiergesundheitsrecht. Sie ist am 21. April 2021 in Kraft getreten und in der gesamten EU unmittelbar anwendbar. Zur Durchführung dieser Bestimmungen sind nationale Gesetze notwendig, die unter anderem Verfahrensbestimmungen (Behördenzuständigkeiten), gesetzliche Grundlagen für Grundrechtseingriffe, Sanktionsbestimmungen oder Finanzierungsbestimmungen regeln.

Derzeit wird die Durchführung der unionsrechtlichen Vorgaben aufgrund des Bundesgesetzes „Veterinärrechtsnovelle 2021“ provisorisch im Rahmen der derzeit in Kraft befindlichen Bundesgesetze zum Tiergesundheitsrecht durchgeführt:

Zusammenfassung

Im neuen Tiergesundheitsgesetz 2024, welches mit 1. Juli in Kraft tritt, werden diese bestehenden drei Gesetze in einem zentralen Durchführungsgesetz zum AHL gebündelt und Widersprüchlichkeiten beseitigt, womit ein klarer Vollzug des Tiergesundheitsrechts erleichtert wird.

Zudem wurden neue klare sachliche Zuständigkeiten definiert: Während grundsätzlich die Kenntnisse der Bezirksverwaltungsbehörde über die lokalen Gegebenheiten genützt werden, bietet das Gesetz die notwendige Flexibilität, die Zuständigkeit auch auf zentralere Behörden zu ziehen, um Expertise in speziellen Bereichen bündeln zu können.

Dem System des AHL im Hinblick auf die Unternehmer:innenverantwortlichkeit entsprechend, wurde eine Organisation („Tiergesundheit Österreich“) verankert, die die Betroffenen hinsichtlich ihrer Aufgaben insbesondere bei Schaffung von Maßnahmen der Biosicherheit und Eigenkontrolle unterstützt.

Durch die Etablierung einer Betriebspflicht für systemrelevante Einrichtungen (Molkereien, Anlagen zur Tierkörperverwertung und Schlachthöfe) soll auch im Seuchenfall der notwendige Betrieb sichergestellt werden, um beispielsweise die aus Gründen des Tierschutzes problematische Überbelegung zu vermeiden.

Ein weiteres Ziel dieses Gesetzes ist eine klare und faire Aufteilung der Kosten der Tiergesundheitsverwaltung: Während die im gesamtstaatlichen Interesse gesetzten Maßnahmen, wie die Bekämpfung hochkontagiöser Seuchen, vom Bund finanziert werden, sollen Kosten für die Erlangung rein handelsrelevanter Vorteile durch den von diesen Maßnahmen profitierenden Unternehmer:innen getragen werden. Weiterhin vom Bund sollen jedoch die Kosten jener Untersuchungen getragen werden, die nur stichprobenartig erfolgen.

Klargestellt wird zudem die Verteilung der Kosten zwischen Bund und Ländern: Hier wird grundsätzlich, dem Geist des Finanz-Verfassungsgesetzes folgend, zwischen Amtssach- und Personalaufwand sowie Zweckaufwand unterschieden: Während routinemäßige Tätigkeiten im Bereich der Tiergesundheit durch von den Ländern finanziertes Personal zu erfolgen hat, wird für kurzfristige Spitzen notwendiges zusätzliches Personal (im Fall von Tierseuchenausbrüchen) vom Bund finanziert. Diese Möglichkeit beschränkt sich nicht mehr nur auf Tierärzt:innen, sondern bietet im Einzelfall die Möglichkeit, flexibel auf die konkret notwendige Berufsgruppe zurückzugreifen.

Die Finanzierung dieser Kosten wird auch durch entsprechende Gebühren sichergestellt. Zudem wird den Ländern auch die Möglichkeit eröffnet, Kosten durch die Bildung von durch die Gesamtheit der betroffenen Unternehmer:innen finanzierten Fonds oder ähnlichen Systemen weg vom einzelnen/von der einzelnen Unternehmer:in, hin zur gesamten Branche zu verschieben.

Neben klassischen Strafbestimmungen sollen auch andere Sanktionsinstrumente zum Tragen kommen. So sollen beispielsweise Personen, die gegen Vorschriften des Tiergesundheitsrechts verstoßen, im Rahmen von verpflichtenden Schulungen auf die Folgen ihrer Handlung aufmerksam gemacht und sensibilisiert werden. Zudem sollen im Rahmen dieser Kurse Strategien für die Anpassung ihrer Prozesse zum rechtmäßigen Verhalten erarbeitet werden.

FAQs

Begriffsbestimmung

Krisenhaftes Ereignis/krisenhafte Situation: Eine vom Regelzustand abweichende, außergewöhnliche Situation, die das Eingreifen des Bundes notwendig erscheinen lässt.

Wer ist für grundsätzlich für die Umsetzung des Tiergesundheitsgesetzes zuständig? § 4 

Grundsätzlich ist die sachlich zuständige Behörde die Bezirksverwaltungsbehörde. In begründeten Fällen besteht die Möglichkeit, die sachliche Zuständigkeit für bestimmte Fachbereiche auf den Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau zu übergeben, wenn dies der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis dient.

Welche Änderungen gibt es in Bezug auf Behördenzuständigkeiten? § 4

Für die Einrichtung von Zonen zur Bekämpfung von Tierseuchen der Kategorie A (vorläufige Sperrzonen, Sperrzonen und infizierte Zonen) ist der Bundesminister zuständig. Diese hat jedoch einen entsprechenden Vorschlag der örtlich betroffenen Landeshauptleute zu berücksichtigen.

Für die Ausstellung von Bewilligungen für die Einfuhr für Erreger von Tierseuchen sowie, soweit notwendig, lebenden Tieren aus Drittstaaten ist das Bundesamt für Verbrauchergesundheit zuständig.

Auch im Fall von krisenhaften Situationen? § 4

In krisenhaften Ereignissen wie dem seuchenhaften Auftretens einer Tierseuche der Kategorie A soll der/die Bundesminister:in bestimmte Aufgaben an sich ziehen und sie in Folge selbst besorgen oder auch dem Bundesamt für Verbrauchergesundheit übertragen können. So kann der Bund die zuständigen Behörden beispielsweise im Rahmen von „schnellen Eingreiftruppen“ punktuell intensiv unterstützen.

Die sachliche Zuständigkeit für die Ziehung von Zonen aufgrund des AHL, welche weitreichende Konsequenzen nach sich zieht, wurde dem/der Bundesminister:in übertragen, um eine koordinierende Zonenziehung über Bundesländergrenzen hinweg zu gewährleisten, wobei die Landeshauptleute ebenfalls involviert werden.

Welche Personen können im Falle eines Ausbruchs einer Tierseuche unterstützen? §§ 6 u. 7

Sollte dem Land im Falle einer Tierseuche zu wenig fachlich geeignetes Personal zur Verfügung stehen, hat der/die Bundesminister:in den Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau zur Bestellung von geeigneten Personen zu ermächtigen. Dies erstreckt sich nicht nur auf Tierärzt:innen, sondern umfasst sämtliche Berufsgruppen.

In besonderen Fällen von Personalnot können die Landeshauptleute als ultima ratio auch freiberufliche Tierärzt:innen für das Land ihres Berufssitzes bestellen. Diese Tierärzt:innen haben dieser Bestellung verpflichtend Folge zu leisten. Den bestellten Personen, welche behördliche Aufgaben vollziehen, sind sämtliche Tätigkeiten, die mit der amtlichen Tätigkeit unvereinbar sind, zu untersagen.

Der Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau kann bestimmte, mittels Verordnung definierte, Aufgaben von amtlicher Kontrolle oder Tätigkeit an Dritte übertragen. Der/die Bundesminister:in kann Mitglieder von Beiräten oder andere Sachverständige als Expert:innen für die Abklärung von Seuchenausbrüchen bestellen, wobei diese bei der Aufklärung von Seuchen mitwirken können. Diese Expert:innen sind an die Weisungen des/der Bundesminister:in gebunden.

Wie wird die Weiterverbreitung von Tierseuchen beim Auftrieb verhindert? § 31

Zur Verhinderung der Weiterverbreitung von Tierseuchen in Betrieben, bei denen Auftriebe durchgeführt werden, unterliegen diese der tierärztlichen Aufsicht der Behörde, wobei der Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau und in weiterer Folge der/die Bundesminister:in veterinärpolizeiliche Bestimmungen erlassen kann (insbesondere Kontrollen von Betrieben). Die genaue Ausgestaltung der Aufsicht richtet sich nach dem Risiko im Einzelfall und ist nach dem Ermessen der Behörde festzulegen.

Welche Bestimmungen gelten bei Veranstaltungen mit Tieren? § 32

Jegliche Veranstaltungen müssen einer veterinärbehördlichen Aufsicht unterzogen werden. Die Behörde muss zur Hintanhaltung der Ansteckungsgefahr eine Trennung der aufgetriebenen oder teilnehmenden Tiere anordnen. Bei Veranstaltungen überregionaler Bedeutung muss vom Landeshauptmann bzw. der Landeshauptfrau eine Veranstaltungsordnung erlassen werden. Dabei ist wichtig, dass der Tiergesundheitsstatus jedes Tieres bekannt ist. Die mit der Aufsicht betrauten Tierärzt:innen müssen die Einhaltung der Veranstaltungsordnung überwachen und bei Wahrnehmung oder Verdacht einer Tierseuche die epidemiologische Absonderung und Bewachung der kranken und verdächtigen Tiere anordnen. Die tierärztliche (veterinärbehördliche) Aufsicht kann auch mittels eines vom Veranstalter bzw. der Veranstalterin vorgelegten und behördlich genehmigten Präventionskonzept passieren. Das Präventionskonzept muss sicherstellen, dass mit der Abhaltung der Veranstaltung keine Gefahr der Einschleppung oder Weiterverbreitung einer Tierseuche zu befürchten ist.

Wie werden Viehverluste und Gegenstände entschädigt? § 57

Wenn Tiere aufgrund behördlicher Anordnung getötet werden müssen oder aufgrund eines Seuchenfalles verendet sind, werden diese aus Bundesmitteln entschädigt. Dies gilt auch für Gegenstände, Futtermittel und Produkte tierischer Herkunft, die im Zuge einer behördlich angeordneten Desinfektion beschädigt oder vernichtet worden sind. Entschädigungen entfallen jedoch, wenn der/die Unternehmer:in durch rechtswidriges Verhalten zur Verbreitung der Seuche selbst beigetragen hat.

Können Entschädigungen auch entfallen? § 57

Es gibt zwei besondere Fälle, die zu einem Entfall der Entschädigungen führen können:

  • Im Falle einer nicht vorherseh- und kalkulierbaren außergewöhnlichen Situation, die zu großen finanziellen Belastungen des Bundes führen. Hier kann der/die Bundesminister:in des BMSGPK im Einvernehmen mit dem/der Bundesminister:in für Finanzen unter Abwägung der volkswirtschaftlichen Umstände von einer Entschädigung absehen.
  • Im Falle einer Einschleppung bzw. Verbreitung einer Tierseuche durch rechtswidriges Verhalten von Unternehmer:innen.

Gibt es für die Bekämpfung bestimmter Tierseuchen Prämien? § 65

Ja, unter gewissen Voraussetzungen kann der/die Bundesminister:in mittels Verordnung Prämien festsetzen. Allerdings gilt dies nur für den Abschuss von bestimmten Arten von wildlebenden Tieren in Sperrzonen, infizierten Zonen oder Gebieten, in denen eine Tierseuche der Kategorien A oder B nachgewiesen wurde. Außerdem können Prämien für das Auffinden oder die Einsendung von Proben von bestimmten Arten von verendeten wildlebenden Tieren in solchen Gebieten ausgegeben werden.

Wer trägt die Kosten von Unternehmer:innen im (potentiellen) Seuchenfall? § 66

Grundsätzlich werden die wichtigsten Kosten, die den Unternehmer:innen im Falle von behördlichen Maßnahmen entstehen, vom Bund bzw. dem Land übernommen. Diese reichen von behördlichen Einsendungen und Laboruntersuchungen über behördlich angeordneten Kennzeichnung der Tiere im Zuge einer Überwachungs- und Bekämpfungsmaßnahme bis hin zur Reinigung und Desinfektion im Rahmen einer Seuchenbekämpfung sowie den Personalkosten.

Allerdings müssen Unternehmer:innen für Maßnahmen zur Erlangung von einzelbetrieblichen anerkannten Freiheiten, Maßnahmen im Rahmen von Risikobewertungen sowie Ausnahmebestimmungen für die Verbringung und für Maßnahmen für die Erlangung von sonstigen betrieblichen handelsrelevanten Vorteilen selbst aufkommen.

Wer trägt die Kosten im Rahmen von Untersuchungen? § 68

Zum Zwecke von Untersuchungen sollen der/die Bundesminister:in oder die Landeshauptfrau bzw. der Landeshauptmann entsprechende Gebühren festlegen können. Dabei handelt es sich um Gebühren für behördlich angeordnete Untersuchungen und Kontrollen, oder Gebühren für behördliche Tiergesundheitsbescheinigungen, die auf Wunsch des Unternehmers bzw. der Unternehmerin ausgestellt wurden.

17.06.2024