Inhalt
Tiergesundheitsgesetz 2024
Inhaltsverzeichnis
- Hintergrund
- Zusammenfassung
- FAQs
- Wer ist für grundsätzlich für die Umsetzung des Tiergesundheitsgesetzes zuständig? § 4
- Welche Änderungen gibt es in Bezug auf Behördenzuständigkeiten? § 4
- Auch im Fall von krisenhaften Situationen? § 4
- Welche Personen können im Falle eines Ausbruchs einer Tierseuche unterstützen? § 6
- Welche amtlichen Tätigkeiten können an Dritte übertragen werden? § 6
- Wie wird die Weiterverbreitung von Tierseuchen beim Auftrieb verhindert? § 31
- Welche Bestimmungen gelten bei Veranstaltungen mit Tieren? § 32
- Wie werden Viehverluste und Gegenstände entschädigt? § 57
- Können Entschädigungen auch entfallen? § 57
- Wer trägt die Kosten von Unternehmer:innen im (potentiellen) Seuchenfall? § 66
- Wer trägt die Kosten im Rahmen von Untersuchungen? § 68
- Welche Kankheiten sind im TGG2024 umfasst? § 2
- Sind alle im AHL gelisteten Krankheiten anzeige(Absicht!)pflichtig? § 36
- Sind die Verordnungen auf Basis der alten Rechtsgrundlagen (TGG, TSG, BSG) noch gültig?
Hintergrund
Die Verordnung (EU) 2016/429 („Animal Health Law“ – AHL) regelt die Bestimmungen zum Tiergesundheitsrecht. Sie ist am 21. April 2021 in Kraft getreten und in der gesamten EU unmittelbar anwendbar. Zur Durchführung dieser Bestimmungen sind nationale Gesetze notwendig, die unter anderem Verfahrensbestimmungen (Behördenzuständigkeiten), gesetzliche Grundlagen für Grundrechtseingriffe, Sanktionsbestimmungen oder Finanzierungsbestimmungen regeln.
Zusammenfassung
Im neuen Tiergesundheitsgesetz 2024, welches seit 1. Juli 2024 in Kraft ist, werden das Tierseuchengesetz, das Tiergesundheitsgesetz und das Bienenseuchengesetz in einem zentralen Durchführungsgesetz zum AHL gebündelt und Widersprüchlichkeiten beseitigt, womit ein klarer Vollzug des Tiergesundheitsrechts erleichtert wird.
Zudem wurden neue klare sachliche Zuständigkeiten definiert: Während grundsätzlich die Kenntnisse der Bezirksverwaltungsbehörde über die lokalen Gegebenheiten genützt werden, bietet das Gesetz die notwendige Flexibilität, die Zuständigkeit auch auf zentralere Behörden zu ziehen, um Expertise in speziellen Bereichen bündeln zu können.
Dem System des AHL im Hinblick auf die Unternehmer:innenverantwortlichkeit entsprechend wurde eine Organisation („Tiergesundheit Österreich“) verankert, die die Betroffenen hinsichtlich ihrer Aufgaben insbesondere bei Schaffung von Maßnahmen der Biosicherheit und Eigenkontrolle unterstützt.
Durch die Etablierung einer Betriebspflicht für systemrelevante Einrichtungen (Molkereien, Anlagen zur Tierkörperverwertung und Schlachthöfe) soll auch im Seuchenfall der notwendige Betrieb sichergestellt werden, um beispielsweise aus Gründen des Tierschutzes problematische Überbelegung zu vermeiden.
Ein weiteres Ziel dieses Gesetzes ist eine klare und faire Aufteilung der Kosten der Tiergesundheitsverwaltung: Während die im gesamtstaatlichen Interesse gesetzten Maßnahmen, wie die Bekämpfung hochkontagiöser Seuchen, vom Bund finanziert werden, sollen Kosten für die Erlangung rein handelsrelevanter Vorteile durch die von diesen Maßnahmen profitierenden Unternehmer:innen getragen werden. Weiterhin vom Bund sollen jedoch die Kosten jener Untersuchungen getragen werden, die nur stichprobenartig erfolgen.
Klargestellt wird zudem die Verteilung der Kosten zwischen Bund und Ländern: Hier wird grundsätzlich, dem Geist des Finanz-Verfassungsgesetzes folgend, zwischen Amtssach- und Personalaufwand sowie Zweckaufwand unterschieden: Während routinemäßige Tätigkeiten im Bereich der Tiergesundheit durch von den Ländern finanziertes Personal zu erfolgen hat, kann für kurzfristige Spitzen notwendiges zusätzliches Personal im Fall von Tierseuchenausbrüchen vom Bund finanziert werden. Diese Möglichkeit beschränkt sich nicht mehr nur auf Tierärzt:innen, sondern bietet im Anlassfall die Möglichkeit, flexibel auf die konkret notwendige Berufsgruppe zurückzugreifen.
Die Finanzierung dieser Kosten wird auch durch entsprechende Gebühren sichergestellt. Zudem wird den Ländern auch die Möglichkeit eröffnet, Kosten durch die Bildung von durch die Gesamtheit der betroffenen Unternehmer:innen finanzierten Fonds oder ähnlichen Systemen weg vom einzelnen/von der einzelnen Unternehmer:in, hin zur gesamten Branche zu verschieben.
Neben klassischen Strafbestimmungen sollen auch andere Sanktionsinstrumente zum Tragen kommen. So sollen beispielsweise Personen, die gegen Vorschriften des Tiergesundheitsrechts verstoßen, im Rahmen von verpflichtenden Schulungen auf die Folgen ihrer Handlung aufmerksam gemacht und sensibilisiert werden. Zudem sollen im Rahmen dieser Kurse Strategien für die Anpassung ihrer Prozesse zum rechtmäßigen Verhalten erarbeitet werden.
FAQs
Begriffsbestimmung
Krisenhaftes Ereignis/krisenhafte Situation: Eine vom Regelzustand abweichende, außergewöhnliche Situation, die das Eingreifen des Bundes notwendig erscheinen lässt.
Wer ist für grundsätzlich für die Umsetzung des Tiergesundheitsgesetzes zuständig? § 4
Grundsätzlich ist die sachlich zuständige Behörde die Bezirksverwaltungsbehörde. In begründeten Fällen besteht die Möglichkeit, die sachliche Zuständigkeit für bestimmte Fachbereiche auf den Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau zu übergeben, wenn dies der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis dient.
Welche Änderungen gibt es in Bezug auf Behördenzuständigkeiten? § 4
Für die Einrichtung von Zonen zur Bekämpfung von Tierseuchen der Kategorie A (vorläufige Sperrzonen, Sperrzonen und infizierte Zonen) ist der/die Bundesminister:inzuständig. Diese bzw. dieser hat jedoch einen entsprechenden Vorschlag der örtlich betroffenen Landeshauptleute zu berücksichtigen.
Für die Ausstellung von Bewilligungen für die Einfuhr von Erregern von Tierseuchen sowie, soweit notwendig, von lebenden Tieren aus Drittstaaten ist das Bundesamt für Verbrauchergesundheit zuständig.
Auch im Fall von krisenhaften Situationen? § 4
In krisenhaften Ereignissen wie dem seuchenhaften Auftreten einer Tierseuche der Kategorie A kann der/die Bundesminister:in bestimmte Aufgaben an sich ziehen und sie in Folge selbst besorgen oder auch dem Bundesamt für Verbrauchergesundheit übertragen. So kann der Bund die zuständigen Behörden beispielsweise im Rahmen von „schnellen Eingreiftruppen“ punktuell intensiv unterstützen.
Die sachliche Zuständigkeit für die Ziehung von Zonen aufgrund des AHL, welche weitreichende Konsequenzen nach sich zieht, wurde dem/der Bundesminister:in übertragen, um eine koordinierende Zonenziehung über Bundesländergrenzen hinweg zu gewährleisten, wobei die örtlich betroffenen Landeshauptleute ebenfalls involviert werden.
Welche Personen können im Falle eines Ausbruchs einer Tierseuche unterstützen? § 6
Sollte dem Land im Falle einer Tierseuche zu wenig fachlich geeignetes Personal zur Verfügung stehen, kann der/die Bundesminister:in den Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau zur Bestellung von geeigneten Personen ermächtigen. Dies beschränkt sich nicht nur auf Tierärzt:innen, sondern umfasst sämtliche Berufsgruppen.
In besonderen Fällen von Personalnot können die Landeshauptleute als ultima ratio auch freiberufliche Tierärzt:innen oder Tierärztegesellschaften für das Land ihres Berufssitzes bestellen, wobei dieser Bestellung verpflichtend Folge zu leisten ist. Den bestellten Personen, welche behördliche Aufgaben vollziehen, sind sämtliche Tätigkeiten, die mit der amtlichen Tätigkeit unvereinbar sind, zu untersagen.
Vorbehaltlich der im Vorfeld erfolgten Ermächtigung durch den/der Bundesminister:in werden die Kosten des zusätzlichen Personals vom Bund getragen.
Welche amtlichen Tätigkeiten können an Dritte übertragen werden? § 6
Der Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau kann bestimmte, mittels Verordnung definierte, Aufgaben von amtlicher Kontrolle oder Tätigkeit an Dritte übertragen (Kundmachung 2024-0.431.806). Die beauftragten Personen sind hierbei an die Weisungen der beauftragenden Behörde gebunden.
Eine allfällige Übernahme der dadurch entstehenden Kosten durch den Bund ist nur im Tierseuchenfall und nach erfolgter Ermächtigung gem. § 6 möglich.
Zusätzlich kann der/die Bundesminister:in Mitglieder von Beiräten oder andere Sachverständige als Expert:innen für die Abklärung von Seuchenausbrüchen bestellen, wobei diese bei der Aufklärung von Seuchen mitwirken können. Diese Expert:innen sind an die Weisungen des/der Bundesminister:in gebunden.
Wie wird die Weiterverbreitung von Tierseuchen beim Auftrieb verhindert? § 31
Zur Verhinderung der Weiterverbreitung von Tierseuchen in Betrieben, bei denen Auftriebe durchgeführt werden, unterliegen diese der tierärztlichen Aufsicht der Behörde, wobei der Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau und in weiterer Folge der/die Bundesminister:in veterinärpolizeiliche Bestimmungen erlassen kann (insbesondere Kontrollen von Betrieben). Die genaue Ausgestaltung der Aufsicht richtet sich nach dem Risiko im Einzelfall und ist nach dem Ermessen der Behörde festzulegen.
Welche Bestimmungen gelten bei Veranstaltungen mit Tieren? § 32
Jegliche Veranstaltungen, bei denen Tiere zur Schau gestellt, gehandelt oder zu sportlichen Zwecken genutzt werden, müssen einer veterinärbehördlichen Aufsicht unterzogen werden. Die Behörde muss zur Hintanhaltung der Ansteckungsgefahr eine Trennung der aufgetriebenen oder teilnehmenden Tiere anordnen. Bei Veranstaltungen überregionaler Bedeutung muss vom Landeshauptmann bzw. der Landeshauptfrau eine Veranstaltungsordnung erlassen werden. Dabei ist wichtig, dass der Tiergesundheitsstatus jedes Tieres bekannt ist. Die mit der Aufsicht betrauten Tierärzt:innen müssen die Einhaltung der Veranstaltungsordnung überwachen und bei Wahrnehmung oder Verdacht einer Tierseuche die epidemiologische Absonderung und Bewachung der kranken und verdächtigen Tiere anordnen. Die tierärztliche (veterinärbehördliche) Aufsicht kann auch mittels eines vom Veranstalter bzw. der Veranstalterin vorgelegten und behördlich genehmigten Präventionskonzept erfolgen. Das Präventionskonzept muss sicherstellen, dass mit der Abhaltung der Veranstaltung keine Gefahr der Einschleppung oder Weiterverbreitung einer Tierseuche zu befürchten ist.
In diesem Zusammenhang ist auf die Neufassung des § 28 Abs. 1 Z 2 TschG hinsichtlich der tierschutzrechtlichen Bewilligungspflicht hinzuweisen.
Wie werden Viehverluste und Gegenstände entschädigt? § 57
Wenn Tiere aufgrund behördlicher Anordnung getötet werden müssen oder aufgrund eines Seuchenfalles nach ordnungsgemäßer Meldung an die Behörde verendet sind, werden diese aus Bundesmitteln entschädigt. Dies gilt auch für Gegenstände, Futtermittel und Produkte tierischer Herkunft, die im Zuge einer behördlich angeordneten Desinfektion beschädigt oder vernichtet worden sind. Entschädigungen entfallen jedoch, wenn der/die Unternehmer:in durch rechtswidriges Verhalten zur Verbreitung der Seuche selbst beigetragen hat.
Können Entschädigungen auch entfallen? § 57
Es gibt zwei besondere Fälle, die zu einem Entfall der Entschädigungen führen können:
- Im Falle einer nicht vorherseh- und kalkulierbaren außergewöhnlichen Situation, die zu großen finanziellen Belastungen des Bundes führen. Hier kann der/die Bundesminister:in des BMSGPK im Einvernehmen mit dem/der Bundesminister:in für Finanzen unter Abwägung der volkswirtschaftlichen Umstände von einer Entschädigung absehen.
- Im Falle einer Einschleppung bzw. Verbreitung einer Tierseuche durch rechtswidriges Verhalten von Unternehmer:innen.
Wer trägt die Kosten von Unternehmer:innen im (potentiellen) Seuchenfall? § 66
Grundsätzlich werden die direkten Kosten, die den Unternehmer:innen im Falle von behördlichen Maßnahmen entstehen, vom Bund bzw. vom Land übernommen. Diese reichen von Entschädigungen für getötete/verendete Tiere, Kosten für Tötung und Entsorgung von Kadavern und Produkten, behördlichen Einsendungen und Laboruntersuchungen bis hin zur Durchführung der Reinigung und Desinfektion im Rahmen einer Seuchenbekämpfung.
Nicht hoheitlich übernommen werden indirekte, wirtschaftliche Einbußen (z.B. Preisverfall oder Verluste durch Leerstände von Stallungen) sowie außergewöhnlich hohe Tierwerte; hierfür wären Unternehmer:innen privatwirtschaftliche Absicherungen (z.B. Versicherungen) zu empfehlen.
Selbst aufkommen müssen Unternehmer:innen für Maßnahmen zur Erlangung von einzelbetrieblich anerkannten Freiheiten, Maßnahmen zur Inanspruchnahme von Ausnahmebestimmungen von Verbringungsbeschränkungen und für Maßnahmen für die Erlangung sonstiger betrieblicher handelsrelevanter Vorteile.
Wer trägt die Kosten im Rahmen von Untersuchungen? § 68
Der Bundesminister kann zur Finanzierung von Ausgaben im Sinne des § 66 Abs. 1 Gebühren festlegen. Zur Finanzierung der durch die Länder zu tragenden Kosten können Gebühren seitens des Bundesministers oder (nach entsprechender Delegation) durch die Landeshauptleute festgelegt werden.
Welche Kankheiten sind im TGG2024 umfasst? § 2
Tierseuchen im Sinne des TGG 2024 sind alle in der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 aufgelisteten Krankheitensowie TSE, Salmonellen, die ansteckende Schweinelähmung, die Vesikuläre Virusseuche der Schweine, die Stomatitis vesikularis und die Affenpocken.
Sind alle im AHL gelisteten Krankheiten anzeige(Absicht!)pflichtig? § 36
Der Verdacht auf eine Tierseuche im Sinn des TGG 2024 ist der Bezirksverwaltungsbehörde zu melden. Eine anormale Mortalität und andere Anzeichen einer schweren Krankheit oder eine ohne ersichtlichen Grund deutlich verminderte Produktionsleistung ist einer Tierärztin oder einem Tierarzt zu melden.
Sind die Verordnungen auf Basis der alten Rechtsgrundlagen (TGG, TSG, BSG) noch gültig?
Verordnungen auf Basis der durch das TGG 2024 aufgehobenen Bundesgesetze sind bis zur deren ausdrücklichen Aufhebung weiter in Kraft. Verweise auf aufgehobene Bundesgesetze sind als Verweise auf die entsprechenden Bestimmungen des TGG 2024 zu lesen.
26.07.2024