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Entwicklung und Evaluierung neuer Haltungssysteme für Zucht- und Mastkaninchen
Zuchtkaninchen
Im Rahmen der Untersuchungen zur Haltung von Zuchthäsinnen wurden das Verhalten in Paarhaltung von 37 Paaren beobachtet und Verletzungen bonitiert sowie das Verhalten teilweise mit dem Verhalten von Einzeltieren verglichen. Das untersuchte Paarhaltungssystem für Zuchtkaninchen ist noch nicht als praxistauglich einzustufen. Denn obwohl sich manche Häsinnenpaare vertrugen, sozio-positives Verhalten zeigten und keine Verletzungen aufwiesen, gab es bei anderen Paaren teils schwerwiegende Probleme hinsichtlich der Tiergesundheit und der Stressbelastung durch agonistische Interaktionen. Auch hinsichtlich der Produktionsleistungen wurden im Vergleich zu herkömmlicher Einzelhaltung Nachteile gefunden.
Allerdings konnte im Projekt gezeigt werden, dass Paarhaltung unter bestimmten Voraussetzungen funktionieren könnte und dass dieser Ansatz weiter verfolgt werden sollte. Auch die Vorerfahrung der Tiere mit der Haltung in Paaren dürfte sich positiv auswirken. Jedoch ist es absolut nötig, weitere mögliche Einflussfaktoren für ein Gelingen zu untersuchen. Ein Erfolg versprechender Ansatzpunkt könnte die Selektion auf soziale Verträglichkeit sein. Andere Autoren empfahlen auch weitere Untersuchungen zum Einfluss der Gruppenzusammensetzung durchzuführen. So könnte es von Vorteil sein, Häsinnen aufgrund ihres Temperaments auszuwählen und zu gruppieren. Weiters wurde empfohlen, dass bereits bei der Aufzucht der Tiere eine Haltung in Gruppen erfolgen sollte, da sie Tiere ansonsten aufgrund fehlenden sozialen Lernens nicht wissen, wie man mit Artgenossen umgeht. Studien dazu fehlen allerdings noch. Eventuell könnten Tiere in Gruppenhaltung bessere soziale Kompetenzen erwerben, was später eine Haltung in Gruppen oder Paaren erleichtern könnte. Möglicherweise müssen letztendlich viele einzelne Punkte beachtet und optimiert werden, um schließlich in Zukunft eine friedliche Gruppen- oder Paarhaltung zu ermöglichen.
Aufgrund von Hinweisen auf einen positiven Einfluss sozialer Stabilität wird in der Schweiz ein Stabilhalten der Gruppen empfohlen, so lang dies möglich ist. Bei unseren Versuchen zur Paarhaltung wurden immer neue Häsinnen gruppiert, auch in den Versuchen mit Vorerfahrung. Trotzdem wurden im Durchschnitt keine wesentlich höheren Prozentzahlen an verletzen Tieren (Pilotversuch: 31,25%, Teilversuch 5: 37,5%, Teilversuch 6: im Mittel 34,9%) als bei den Studien von ANDRIST et al. (2012a, b) oder ROMMERS et al. (2012) beobachtet. Das mag daran gelegen haben, dass bei uns nur Paare und nicht 4 oder 8 Tiere gruppiert wurden. Mit mehr Tieren mag die Wahrscheinlichkeit der Unverträglichkeit steigen.
Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Vorerfahrung hinsichtlich der Paarhaltung von Vorteil sein könnte. Da aber auch bei den Tieren mit Vorerfahrung mit 25% noch ein beträchtlicher Anteil an verletzten Häsinnen gefunden wurde, muss nach weiteren Lösungsansätzen zur Reduktion von agonistischem Verhalten und für ein Gelingen der Paar- oder Gruppenhaltung gesucht werden. Wahrscheinlich müssen letztendlich viele einzelne Punkte wie Genetik, Strukturierung der Haltungsumgebung, Stabilität, Vorerfahrung, Gruppengröße etc. beachtet und optimiert werden, um schließlich in Zukunft eine friedliche Gruppen- oder Paarhaltung zu ermöglichen.
Mastkaninchen
Im Rahmen eines Projektes zu Gruppenhaltungssystemen für Mastkaninchen wurden in mehreren Versuchsreihen die Auswirkungen unterschiedlicher Bodengestaltung (Tiefstreubuchten vs. Vollrosthaltung, teil-eingestreute Buchten vs. Vollrosthaltung), Strukturierung (erhöhte zentrale Rostebenen in teil-eingestreuten Systemen, zusätzliche Trennwände) und der Gruppengröße in Gruppen von 27-60 Kaninchen vom Absetzen mit ca. 35 Tagen bis zum Alter von ca. 81 Tagen untersucht. Die Untersuchungen betrafen das Tierverhalten, die Tiergesundheit inklusive Verletzungen, hygienische Aspekte und Produktionsleistungen. Die im Rahmen des Projektes erarbeiten und verfeinerten Untersuchungsparameter und Methoden hinsichtlich Verhalten, Gesundheit und Verletzungen, Leistung und hygienischer Aspekte zur vergleichenden Evaluierung von Haltungssystemen bei Mastkaninchen können als methodische Grundlagen für die Prüfung von Haltungseinrichtungen für Kaninchen dienen. Dies sollte jedoch möglichst auch auf unterschiedlichen Praxisbetrieben geschehen.
Insgesamt ist es nach den Ergebnissen und Erfahrungen im Projekt nicht einfach, zusätzlich Strukturierung zur Reduktion von agonistischem Verhalten und Verletzungen zu entwickeln. Es sollte zum Beispiel nicht zu einer Bildung von Sackgassen oder Engstellen kommen. Im Rahmen von Teilprojekt 2 zeigten zusätzlich Trennwände (neben der bereits relativ starken Strukturierung der Buchten durch erhöhte Ebenen) keine signifikanten positiven Effekte auf das Tierverhalten, außer, dass abends korrigiert auf die Anzahl der Tiere in der Bucht tendenziell weniger aktive Tiere pro Scan in Buchten mit Trennwänden gezählt wurden, dass heißt, dass die Trennwände eventuell mehr Ruhe ermöglichten. In Teilprojekt 3 zeigte eine zentrale erhöhte Ebene in einem teil-eingestreuten System sogar eher gegenteilige Effekte. Möglicherweise haben sich Engstellen, erschwerter Ebenenwechsel oder grundsätzlich die Bildung neuer Ebenen mit unterschiedlichen Funktionen und Veränderung der räumlichen Anordnung und damit verbundenem vermehrtem Sichtkontakt nachteilig ausgewirkt. Dennoch scheint eine erhöhte Strukturierung neben einem früheren Schlachtalter und kleineren Gruppengrößen die erfolgversprechendste Maßnahme zu sein, um die relativ hohen Zahlen an verletzten, vor allem bei den männlichen Tieren zu reduzieren. Ein teil-eingestreutes System wie es im Rahmen unserer Studien untersucht wurde, sollte optimiert werden, und ist in der Form nur bedingt empfehlenswert, da es zu schwereren Verletzungen zu kommen scheint. Es wird hier aber keinesfalls generell von einem teil-eingestreuten System abgeraten, das eventuell einen Kompromiss zwischen dem Ermöglichen des artspezifischen Verhaltens (Scharren am Boden wurde häufig auf Einstreu beobachtet) und Überlegungen hinsichtlich der Mastleistung und der Hygiene darstellen kann. Nur muss darauf geachtet werden, dass dadurch keine negativen Auswirkungen der Strukturierung entstehen. Hier müssen neue Anordnungen sorgfältig überprüft werden, da, wie im Falle des hier untersuchten teil-eingestreuten Systems, möglicherweise unerwartete Probleme auftauchen. In teil-eingestreuten Systemen wäre es vielleicht sinnvoller, die zentrale erhöhte Fläche an den Rand zu verschieben und damit auch eine automatische Entmistung zu ermöglichen. Möglicherweise könnte man Rostfläche auch Absenken und fast niveaugleich zur Einstreufläche ausführen. Ein Teil der erhöhten Flächen könnte dann über der entmisteten Rostfläche angebracht werden, und würde eine zusätzliche Strukturierung ermöglichen. Weiters ist auf ausreichend Beschäftigungsmaterial zum Beispiel in Form von Einstreu zu achten. So wurden im Teilprojekt 1 im eingestreuten System weniger Scharren am Artgenossen beobachtet, was eine Verhaltensabweichung und Handlung ab Ersatzobjekt sein könnte.
Hinsichtlich der Gruppengröße wurden im Teilprojekt 4 deutlich weniger verletzte und vor allem weniger schwer verletzte Tiere in kleineren Gruppengrößen von 27 Tieren im Vergleich zu 55er Gruppen gefunden.
In Bezug auf die Auswirkungen von Einstreu auf das Vorkommen von Kokzidienoozysten in Kotsammelproben, Morbidität und Mortalität wurden generell keine Unterschiede im Vergleich zu reinen Rostsystemen gefunden. Scheinbar ist aber insgesamt eine sehr hohe Variabilität anzutreffen.
Als Vorteil der Systeme mit Einstreu am Boden ist die geringere Verschmutzung der Tiere hervorzuheben. Als negativer Aspekt der Verwendung von Tiefstreu hat sich, in Übereinstimmung mit anderen Untersuchungen, die geringere tägliche Zunahme gezeigt, die jedoch bei Verwendung von Elefantengras als primärem Einstreumaterial (Stroh wurde zusätzlich angeboten) scheinbar etwas reduziert wurde.
Daneben wurden in den Studien das Explorationsverhalten der Tiere und die Nutzung von Beschäftigungsmaterial untersucht, wobei Stroh und Nagehölzer als Beschäftigungsmaterial dienten. Hier wurde auch die Beschäftigung mit anderen Einrichtungsgegenständen erhoben. Es wurde insgesamt weniger agonistischem Verhalten bei mehr beobachtetem Explorationsverhalten gefunden. Man sollte daher das Explorationsverhalten mit zusätzlichen Einrichtungen fördern. Insgesamt gab es große individuelle Schwankungen zwischen den Gruppen, weibliche Tiere zeigten weniger agonistisches und weniger Sexualverhalten sowie weniger Verletzungen.
Insgesamt ermöglichten die untersuchten Buchtenhaltungssysteme mit Sicherheit deutlich mehr Möglichkeiten zur Ausübung des arteigenen Verhaltens als die Käfighaltung. Es müssen jedoch vor allem in Hinblick auf das Vorkommen von aggressiven Auseinandersetzungen und Verletzungen sowie auf die Gesundheit weitere erhebliche Anstrengungen unternommen werden. Die untersuchten Tiefstreubuchten scheinen dazu ein guter Ausgangspunkt zu sein.
Entwicklung und Evaluierung neuer Haltungssysteme für Zucht- und Mastkaninchen - Endbericht
(2009)